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Entwicklungsschwerpunkt
Bern-Ausserholligen
Mit dem Zweihänder durchs Quartier
22.Febraur 03
von Andreas Flückiger
Der Entwicklungsschwerpunkt
Ausserholligen hat sich als Flopp erwiesen. Trotz aktivem Bemühen
des Gemeinderates haben kaum Investoren „angebissen“. Realisiert
wurden bisher einzig ein Verwaltungsgebäude des Bundes am „Europaplatz“
und eine Bauschuttsortieranlage, welche allerdings weitere potentielle
Investoren abschreckt. Das Ansinnen, dem zwischen den Stadtteilen Bümpliz-Bethlehem
und Bern-Holligen liegenden Gebiet eine eigene Identität zu verschaffen,
ist kläglich gescheitert. Ein erkennbares Bebauungskonzept besteht
nicht. Aufgrund neuer städtebaulicher Erkenntnisse, veränderter
rechtlicher Bestimmungen und dem in der Zwischenzeit erarbeiteten Projekt
Tram Bern West soll nun der Richtplan angepasst werden. Die öffentliche
Mitwirkung läuft bis 19. März.
Baron Haussmann in Bern?
Der neue Richtplan ESP Bern-Ausserholligen ist eine Gemeinschaftsplanung
von Stadt und Kanton Bern, SBB, BLS und Bernmobil. Er umfasst insgesamt
13 Teilgebiete in Ausserholligen und Weyermannshaus. Mit der Überarbeitung
soll, so der Gemeinderat, dem im ESP Bern-Ausserholligen vorhandenen Potential
zur Umwandlung zu einem attraktiven Stadtquartier Rechnung getragen werden.
Dabei werden einerseits generelle Entwicklungsleitlinien definiert, andererseits
soll bei der Ausarbeitung der Teilplanungen flexibel auf geänderte
Bedürfnisse der Investoren reagiert werden können. In fünf
Teilplänen werden Aussagen zu Gebietsaufteilung, Städtebau,
Nutzungsmass, Nutzungsart, Verkehr und Parkierung gemacht.
Mit der Rücksichtslosigkeit eines Baron
Georges Eugène Haussmann in Paris, schlagen die visionären
Planer grossflächige Rodungen im Bremgartenwald und die komplette
Umnutzung von bestehenden Wohnquartieren sowie die Überbauung von
Familiengärten vor. Anstatt die in der Stadt Bern dringende Schaffung
von Wohnraum voranzutreiben, sollen eigentliche Je-ka-mi-Zonen geschaffen
werden, in denen mögliche Investoren nach Lust und Laune unkoordiniert
ihre Visionen realisieren können. Anstelle eines grossmassstäblichen
Gesamtwurfs soll eine schrittweise Entwicklung in kleineren Etappen zu
einer städtebaulichen Verbesserung führen. Die koordinierte
Entwicklung in den einzelnen Teilgebieten soll, so die Planer, schlussendlich
zur Entstehung eines neuen Stadtquartiers führen, in welchem Investoren
und Investorinnen wie auch die Bevölkerung verbesserte Bedingungen
vorfinden können. Dass aus diesem Patchwork allerdings ein attraktives
Quartier entstehen kann, ist wenig wahrscheinlich.
Ein Rückfall in die Fünfzigerjahre des letzten Jahrhunderts,
als Raumplanung ein Fremdwort war, scheint der Stadt bevorzustehen.
Nach den (zu) restriktiven Vorschriften des letzten Richtplans, werden
nun die Vorschriften so weit geöffnet, dass ein geordnetes Nebeneinader
von vielfältigen Nutzungen, welches für die Identitätsschaffung
des „Zwischenraums“ Ausserholligen unabdingbar wäre,
nicht mehr möglich ist. Kurzfristige Erfolge in Form von „Investoren“
vorweisen zu können, ist für die Stadtplaner offenbar wichtiger,
als Städtebauliche Qualität und lebenswerte Quartiere. Das Koordinationsinstrument
„Richtplan“ wird ad absurdum geführt.
Was ist schiefgelaufen?
Der ursprüngliche Konzeption sah vor, Anpassung der Arbeitszonenvorschriften
zu Gunsten des Dienstleistungssektors dort zu vollziehen, wo bestimmte
Voraussetzungen sind. Dazu gehörte in erster Linie die Erschliessung
durch den öffentlichen Verkehr. Aufgrund dieser Überlegungen
ist das Konzept der Cityschiene entstanden, welches in der Stadt Bern
drei Entwicklungsschwerpunkte vorsieht: den ESP Ausserholligen im Westen,
den Masterplan Bahnhof Bern im Zentrum und den ESP Wankdorf im Osten.
Im ESP Ausserholligen
sollten aus traditionellen Industrie- und Gewerbezonen, die teilweise
schlecht genutzt und grösstenteils schlecht gestaltet sind, attraktive
Arbeits- und Wohngebiete mit einem aufgewerteten Aussenraum entstehen.
Der ESP kann durch den städtischen und regionalen öffentlichen
Verkehr optimal erschlossen werden. Neben dem Knotenpunkt der Berner S-Bahn
in Ausserholligen spielt die geplante Tramlinie Bern West eine Schlüsselrolle
für diesen ESP-Standort.
Der Richtplan bindet
grundsätzlich alle Partner in ihrem Handeln an das anzustrebende
Ziel der Umstrukturierung im ESP Ausserholligen. Neben einer (bislang
zwar wenig wirksamen) Standortpromotion durch Stadt und Kanton soll die
vorgegebene Bewirtschaftung innerhalb des Perimeters angestrebt werden.
Die Formulierung „angestrebt“ ist bezeichnend für den
gesamten Richtplan. Alles ist möglich. Der Wohnanteil in den einzelnen
Teilquartieren kann von 0-100% variieren. Grundsätzlich kann in allen
Bereichen das Nutzungsmass um bis zu 50% überschritten werden.

Die Visionen
des Geminderates
Ausserholligen soll sich zu einem Stadtquartier mit einem belebten Geschäftszentrum
entwickeln. An der Schnittstelle von Bümpliz,-Bethlehem und Holligen
entsteht, so der Gemeinderat, ein neues Quartier mit eigener Infrastruktur.
Das heute schlecht zugängliche und nur auf Umwegen zu überquerende
Gebiet soll mit neuen Wegverbindungen durchlässiger und das Image
von Ausserholligen soll durch die neuen Nutzungen aufewertet werden. Die
dominanten Verkehrsachsen würden das Gebiet zwar weiterhin prägen,
die neue städtebauliche Struktur mit dem erweiterten Wegnetz jedoch
deren Trennwirkung verringern.
Der Plan „Vision“
zeigt eine mögliche Weiterentwicklung des Gebietes nach einer Realisierung
der ESP-Planung auf. Das im Bereich Ausserholligen -Weyermannshaus neu
geschaffene Quartier soll sich, gemäss den Visionen der Stadtplaner,
dereinst weiter ausdehnen. Eine Erweiterung des ESP-Gebietes ist im Bremgartenwald
(!) vorgesehen. Die durch den Bau der Autobahn entstandene „Restfläche
des Bremgartenwaldes“ soll dazu gerodet und neu bebaut werden. Auf
einer Fläche von über 15 Hektaren Wald soll neuer Raum für
Arbeits- und Freizeitnutzungen geschaffen werden. Für die Siedlungserweiterung
in diesem Bereich müssten, so die Planer weiter, die Immissionen
der Autobahn jedoch auf ein Minimum beschränkt werden können.
Die Antwort darauf, wie dies angesichts steter Grenzwertüberschreitungen
bei Lärm und Luftschadstoffen erreicht werden soll, bleiben die Planer
allerdings schuldig. Weitere Entwicklungsgebiete sehen die Planer entlang
der Bahnlinie sowie im Stöckacker und in Holligen nördlich der
Schlossstrasse. Dort befinden sich zur Zeit Familiengärten (!)
Öffentliche Mitwirkung
Die Auflagedokumente können während der Auflagefrist zur Bürozeit
(8-12, 14-17 Uhr, freitags bis 16 Uhr) beim Stadtplanungsamt Bern, Schwarztorstrasse
9 und bei der BauStelle, Bundesgasse 38 eingesehen werden.
Im Rahmen der Mitwirkung können dem Stadtplanungsamt Bern, Postfach
8332, 3001 Bern, schriftliche Einwendungen und Anregungen unterbreitet
werden.
Wirkungsweise
des Richtplans
Der Richtplan ist verwaltungsanweisend und bindet den Gemeinderat und
die Stadtverwaltung. Durch die Zustimmung der weiteren beteiligten Partner
und Partnerinnen wird diese Verbindlichkeit auch auf sie ausgedehnt.
Der "anzustrebende Zustand" wird anhand von Teilplänen
dargestellt. Diese Pläne (Teilgebiete, Städtebau, Nutzungsmass,
Nutzungsart, Verkehr und Parkplätze) werden für alle Partner
und Partnerinnen verbindlich. Sie bilden die Grundlage für die Koordination
der raumwirksamen Vorhaben.
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Links:
Stadtplanungsamt
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