Olympia-Bobbahn am
Gurten
BERNE 2010 / Das Initiativkomitee
Berne 2010 überlegt sich, die Bob-, Skeleton- und Rodelwettbewerbe
am Gurtenhang stattfinden zu lassen - das Gelände genügt den
Anforderungen des IOC. Trotzdem wird die St. Moritzer Bobbahn im Bewerbungsdossier
bleiben.
Renate Bühler
Geschlittelt wird am Gurten - genügend Schnee vorausgesetzt - in
jedem Winter. Möglicherweise wird im Jahre 2010 am Berner Hausberg
aber auch Bob und Skeleton gefahren und gerodelt - im Rahmen der Olympischen
Spiele und vor einem Millionenpublikum: Wie Marcel Wisler, Marketingdirektor
von Berne 2010, auf Anfrage bestätigte, verfolgt das Initiativkomitee
die Idee, am Gurtenhang eine Bobbahn zu bauen.
Gespräche der
Berner Delegation in Salt Lake City mit dem IOC hätten ergeben, dass
der Gurtenhang die Anforderungen für den Bau eines olympischen Eiskanals
erfüllen könnte: Höhendifferenz und Streckenlänge
genügen den Vorgaben. Am Gurten könnte eine Bobbahn von mindestens
1,4 Kilometern Länge entstehen, auf der die Athleten binnen einer
Minute mit Geschwindigkeiten von bis zu 140 Kilometern pro Stunde zu Tale
brausen würden.
Umwelt bestimmt
Route
Zwar wollte Wisler
gestern nicht verraten, wo genau die Bahn erstellt werden könnte.
Da er aber unterstrich, die Anlage müsste so umweltverträglich
wie möglich werden, und da ein grosser Teil des Gurtenhangs bewaldet
ist, liegt eigentlich nur eine Linienführung drin, nämlich diejenige
der früheren Skipiste: Vom Ostsignal Richtung Gurtendörfli und
dann links über die beiden Moränen hinunter nach Kleinwabern.
Fest steht, dass die
Bobbahn nach Ende der Olympischen Spiele wieder vom Gurtenhang verschwinden
müsste: Statt einer betonierten würde eine «mobile»
Anlage gebaut. Eine solche Bobbahn existiert bisher zwar nicht, derzeit
wird an der ETH Lausanne aber an der dafür notwendigen Technologie
gearbeitet.
Quasi Doppelkandidatur
Nicht aus dem Dossier
der Berner Olympiakandidatur gestrichen wird - den Gurten-Plänen
zum Trotz - die Naturbahn in St. Moritz. Der Gurten, so sagte Wisler,
würde im Dossier vielmehr als Alternative zu St. Moritz geführt
- einerseits, weil der Weg von Bern in den Bündner Kurort doch recht
weit ist, andererseits aber auch, weil ein Rennen in Bern wohl ungleich
mehr Zuschauerinnen und Zuschauer anlocken könnte als eines in St.
Moritz.
Noch ist das Olympiaprojekt
für eine Gurten-Bobbahn nicht weit fortgeschritten: Weder die Standortgemeinde
Köniz noch die Migros Aare, die auf dem Gurten ihren «Park
im Grünen» führt, wurden bislang vom Initiativkomitee
Berne 2010 kontaktiert.
Olympia-Gold fürs
Schweizer Viererbobteam am Hausberg der Bundesstadt? Gar nicht ausgeschlossen,
findet das Initiativkomitee der Olympia-Bewerbung «Berne 2010».
Kommentar
Diskussion auf
dem Schlitten
Stefan Bühler
Eine Bobbahn? Vom Gurten? Im Ernst? Jetzt spinnen sie! - Das werden sich
viele denken, die vom neusten Coup des Initiativkomitees Berne 2010 erfahren:
der Idee, an den Abhängen des Berner Hausbergs einen Eiskanal für
Rodler, Bob- und Skeleton-Piloten zu bauen. «Wir verschliessen uns
nicht, auch das Unmögliche zu denken», lautet die Antwort aus
den Reihen der Olympia-Promotoren auf das ungläubige Kopfschütteln.
Und gelassen verweist man bei Berne 2010 darauf, dass die Topografie des
Gurtens den Bau einer solchen Anlage durchaus erlauben würde.
Sicher: Die Winterspiele
2010 sind weit weg. Und noch gibt es kaum Hinweise darauf, dass sie dereinst
tatsächlich in Bern und der Westschweiz ausgetragen werden. Daran
liegt es wohl, dass Berne 2010 in der Bevölkerung noch keine hohen
Wellen geworfen hat. Nur: Das IOC ist eine Wundertüte - und es ist
das IOC, das im Sommer 2003 einer Kandidatur den Zuschlag gibt. Fällt
dieser auf Bern, dann wird vieles möglich. Auch eine Bobbahn am Gurten.
Darum ist es jetzt
an der Zeit, dass sich hier die breite Öffentlichkeit mit den Olympiaplänen
auseinander setzt. Und genau das dürfte den Initianten von Berne
2010 mit der Bobbahn-Idee gelingen: Für einige ist die Vorstellung
von Bobrennen am Berner Hausberg - wo sie selbst schon oft auf ihren Schlitten
zu Tale rasten - faszinierend. Andere sehen die Umwelt in Gefahr, finden
ein solches Bauwerk für einen Anlass von zwei Wochen überrissen
- das Projekt polarisiert. Dank der Bobbahn am Gurten ist die Diskussion
um Berne 2010 auf dem Schlitten - die Bevölkerung ist eingeladen,
das Unmögliche mitzudenken.
© 2002 / Der
Bund Verlag AG, Bern und Autoren / www.eBund.ch
eBund Impressum Nutzungsbestimmungen Sitemap
zurück
|