Olympia-Kreditvorlage
Freiwillig vors Volk
16. Mai 02
Stadt und Kanton Bern sowie die Kantone Freiburg, Waadt, Wallis und Graubünden wollen gemeinsam mit dem Initiativkomitee "Berne 2010" für die Austragung der Olympischen Winterspiele 2010 kandidieren. Bern ist als "Host City" (Gaststadt) vorgesehen.

Die Kandidatur soll aber nicht nur von ihren Promotoren, sondern auch von der Bevölkerung getragen werden. Der Gemeinderat beantragt deshalb dem Stadtrat, eine 4-Mio Franken-Olympia-Kreditvorlage freiwillig den Stimmberechtigten zum Entscheid vorzulegen.


Olympisches Dorf in Brünnen - visionärer Ansatz oder Schnappsidee?

Die schweizerische Kandidatur "Berne 2010" steige mit guten Aussichten ins Rennen, zeigt sich der Gemeinderat überzeugt. Mit der Bundesstadt Bern als "Host City", mit weltbekannten Austragungsorten wie Gstaad, Crans-Montana und St. Moritz und mit den fünf Trägerkantonen Bern, Freiburg, Waadt, Wallis und Graubünden sei "Berne 2010" die nationale Kandidatur mit sehr guten Rahmenbedingungen für die Durchführung der Olympischen Winterspiele 2010.

"Berne 2010"
will auch für den Wirtschafts- und Tourismusstandort Bern werben und dies bereits in der Kandidaturphase.
will nachhaltig bereits vorhandene oder ohnehin geplante Infrastrukturanlagen nutzen (z.B. Olympisches Dorf in Brünnen).
will Verkehrs- und Zuschauerströme mit einem gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz bewältigen.
will Bundesstadt, Kanton Bern und die Schweiz als weltoffene, erfahrene und freundliche Gastgeber profilieren.

Wer zahlt wofür?
Das Konzept "Berne 2010" sieht die Rolle der öffentlichen Hand (Bund und Kantone) vor allem in der Finanzierung langfristig nutzbarer Infrastrukturanlagen. Den Hauptteil der Durchführungskosten sowie die Kosten aller im Zusammenhang mit den Winterspielen nötigen Anlage-Anpassungen trage die Privatwirtschaft (Fernseh- und Vermarktungsrechte sowie internationales Sponsoring).

Die Stadt Bern hat sich mit einem nach oben limitierten Betrag an der Gesellschaft zu beteiligen, die zur Organisation und Durchführung der Spiele gegründet wird. Ausserdem sind Mittel bereitzustellen für Verpflichtungen, die Bern als Olympiastadt erwachsen würden.

Stand der Dinge
Die während der Kandidaturphase, das heisst bis zur Vergabe der Spiele am 2. Juli 2003, anfallenden Kosten von rund 12,5 Millionen Franken sollen laut Gemeinderat vor allem über Sponsoringleistungen der Wirtschaft finanziert werden.

Auf kantonaler Ebene beantragt der Regierungsrat dem Grossen Rat Rahmenkredite für Eissportanlagen und für die Mitfinanzierung der Durchführung. Die Kredite sollen den Stimmberechtigten des Kantons am 24. November 2002 zur Abstimmung vorgelegt werden.

Den Stimmberechtigten der Stadt Bern werden zwei Kredite beantragt: 3,5 Millionen Franken für die Beteiligung an den Eigenmitteln an der Aktiengesellschaft zur Organisation und Durchführung der Olympischen Winterspiele 2010 und 500'000 Franken für anfallende Promotions- und Repräsentationskosten. Beide Kredite würden nur gebraucht, wenn "Bern 2010" die Spiele zugesprochen erhielte.


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Spendierlaune im Knauserstöckli
Regierungsrat unterstützt Olympiakandidatur
25. April 02
Unglaublich, aber wahr: Der Regierungsrat des Kantons Bern unterstützt das Projekt „Berne 2010“, das gemeinsam mit der Stadt Bern (als Host City), den geplanten Austragungsorten in vier weitern Kantonen, der Wirtschaft und mit Unterstützung des Bundes die Durchführung der Olympischen Winterspiele im Jahr 2010 zum Ziel hat.

Er beantragt dem Grossen Rat zwei Kredite für Infrastruktur und Unterstützung der Winterspiele. Beide Kreditvorlagen sollen den bernischen Stimmberechtigten im Fall der Zustimmung durch den Grossen Rat noch in diesem Jahr zur Abstimmung unterbreitet werden.

15 Millionen Franken beträgt das Kreditbegehren für Infrastrukturen zur Austragung von Eissport-Wettkämpfen. In der Stadt Bern sollen gemäss Konzept die Disziplinen Eishockey, Eisschnelllauf, Eiskunstlauf und Short-Track durchgeführt werden. Das Allmendstadion wird künftigen Anforderungen für Grossanlässe nicht mehr genügen. Es sollte – unabhängig von der Durchführung der Olympischen Spiele – ohnehin durch eine moderne Anlage ersetzt werden. Deshalb ist beabsichtigt, eine neue multifunktionale Halle zu erstellen, wofür ein Kredit von 12 Millionen Franken bereitgestellt würde. Weitere 3 Millionen Franken sind als Reserve eingeplant, falls eine Veränderung des Olympischen Sportkonzepts Eissport-Wettkämpfe in Orten wie Thun, Biel oder Langnau vorsieht. Die Finanzierung dieser Infrastrukturbauten erfolgt über den mit Lotto- und Toto-Erträgen gespiesenen Sportfonds. Steuermittel werden nicht beansprucht. Heute noch nicht abschätzbar sind die Kosten für die Sicherheitsmassnahmen und das Rettungswesen.

Für die Mitfinanzierung der Olympischen Winterspiele wird ein Kredit von 7,5 Millionen Franken beantragt. Der Kanton Bern will sich mit diesem Betrag an den Eigenmitteln der für die Kandidatur „Berne 2010“ gegründeten Gesellschaft beteiligen. In diesem klar begrenzten Umfang trägt der Kanton das Risiko der Durchführung mit. Im Falle eines erfolgreichen Abschlusses, wie in Lillehammer, Nagano und Salt Lake City, erhält der Kanton Bern seine Eigenkapitalbeteiligung zurück. Ein allfälliger Gewinn soll entsprechend den Vorgaben der Olympischen Charta für den Schweizer Sport verwendet werden.

Der Regierungsrat ist nach sorgfältigem Abwägen zum Schluss gekommen, dass trotz Sparmassnahmen ein Zeichen für den Wirtschaftsstandort Kanton Bern gesetzt werden soll. Mit der Durchführung der Olympischen Winterspiele wird mit einem Gesamtumsatz von rund einer Milliarde Franken gerechnet. Bereits die Kandidatur ist für diesen äusserst werbewirksam. Das Konzept der nachhaltigen Nutzung vorwiegend bereits existierender oder ohnehin geplanter Infrastruktur verhindert unliebsame „Olympia-Ruinen“. Die erwarteten Verkehrs- und Zuschauerströme sollten mit dem in der

Schweiz gut ausgebauten öffentlichen Verkehrsnetz zu bewältigen sein. Das dezentrale Austragungskonzept begünstigt dies. Mit den geplanten sportlichen und kulturellen Anlässen soll sich die Berner und die Schweizer Bevölkerung nach über 60 Jahren erstmals wieder als Gastgeberland profilieren können.

Der Kredit für die Mitfinanzierung der Durchführung wird nur beansprucht, falls „Berne 2010“ den Zuschlag erhält. Der Beitrag an den Bau der Eissporthalle sieht demgegenüber keine solche Verknüpfung vor.

 

Bernische Politiker sind Olympia-Skeptiker

OLYMPIA / Sie stehen der Kandidatur «Berne 2010» ablehnend gegenüber, sie sind gegen ein finanzielles Engagement des Kantons, und sie glauben nicht, dass bernische Spiele besonders umweltfreundlich würden: Das zeigt eine «Bund»-Umfrage unter bernischen Politikern.

Bis jetzt hat alles geklappt. Die bernischen Olympiapromotoren setzten sich im nationalen Wettbewerb gegen die Konkurrenz durch. Erste finanzielle Zusagen für die Kandidatur «Berne 2010» liegen vor. Und der Eifer des bernischen Olympiakomitees ist unübersehbar. Offen ist bislang einzig, ob das Olympiafieber auch ausserhalb des engen Zirkels der Komitees spürbar ist.

57 Prozent sagen Nein

Ein erstes Indiz für die öffentliche Befindlichkeit in Sachen «Berne 2010» liegt nun vor: Gestern, am jährlichen Treffen der bernischen Gemeindepräsidentinnen und -präsidenten in Bern, hat der «Bund» alle Anwesenden in eine detaillierte Umfrage einbezogen. Fazit: Die Olympia-Skepsis unter den bernischen Kommunalpolitikern ist gross (siehe auch Randspalten). 57,2 Prozent der Befragten sind grundsätzlich gegen die Kandidatur «Berne 2010». Die Befragten gehen zudem davon aus, dass auch der Souverän - könnte er heute einen Grundsatzentscheid zur Kandidatur fällen - sich gegen die Kandidatur «Berne 2010» stellen würde.

Kein Geld von Gemeinden
Äusserst skeptisch sind die befragten Politikerinnen und Politiker, wenns um Beiträge der öffentlichen Hand geht. Von den momentanen Olympiagegnern stellen sich weit über 90 Prozent gegen die finanzielle Beteiligung des Kantons an der Vorbereitung der Spiele. Die Olympiabefürworter sind da grosszügiger: Eine Zweidrittelsmehrheit würde Kantonsbeiträge gutheissen. Chancenlos bliebe in beiden Lagern ein allfälliger finanzieller Solidaritätsbeitrag der Gemeinden: 84,9 Prozent der Befragten finden dies gar keine gute Idee.

Geld und Umwelt
Warum die rund 200 befragten Vertreterinnen und Vertreter der kommunalpolitische Elite auf Distanz zur Olympiakandidatur bleiben, zeigt die Auswertung recht deutlich. Das finanzielle Risiko für die öffentliche Hand ist das am häufigsten genannte und am stärksten gewichtete Argument gegen die Durchführung der Spiele. Gross sind schliesslich die Befürchtungen, dass die Umwelt durch die Spiele übermässig belastet würde.

Umweltfreundlich?
Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, dass eine Mehrheit der Befragten auch eine der Grundaussagen des bernischen Olympiakomitees anzweifelt: 63,2 Prozent geben an, dass es Bern nicht gelingen werde, besonders umweltfreundliche Spiele zu organisieren. Keinen grossen Einfluss auf das gegenwärtige Stimmungsbild hat demgegenüber die Tatsache, dass mit «Sion 2006» eben erst eine schweizerische Kandidatur gescheitert ist. Im Gegenteil: Immerhin 38,6 Prozent gehen davon aus, dass die Berner Kandidatur eine echte Chance hätte, vom Internationalen Olympischen Komitee den Zuschlag zu erhalten.

Kein Grund für die derzeit mehrheitlich ablehnende Haltung ist die Kommerzialisierung der Olympischen Spiele und die damit einhergehende Abwertung der olympischen Idee: Dieser Kritikpunkt war für eine klare Mehrheit unbedeutend.

Aufbruch und Aufschwung
Auch die Antworten auf die Frage, welches die gewichtigsten Argumente für die Kandidatur «Berne 2010» seien, ergeben ein schlüssiges Bild: Die erwartete - oder erhoffte - Aufbruchstimmung im Kanton Bern kommt an erster Stelle. Als gute Argumente für die Spiele werden weiter der touristische Aufschwung und wirtschaftliche Impulse genannt. Nicht unter die Top-Pro-Argumente schaffte es der vom Initiativkomitee erwähnte Brückenschlag zwischen Deutschschweiz und Romandie.

«Eine Nummer zu gross»
Einen Eindruck von der Stimmung unter den Gemeindepolitikern und -politikerinnen geben einzelne Bemerkungen auf den Fragebogen: In einem Kanton, wo «mit der Motorsäge» gespart werde und kein Franken für die Swiss vorhanden sei, dürften keine Mittel für Olympische Spiele zur Verfügung gestellt werden, war da etwa zu lesen. «Eine Nummer zu gross» sei der Anlass, schrieb der Laupener Gemeindepräsident Manfred Zimmermann. Er befürchte, dass mit einem solchen Projekt den Randregionen nochmals Mittel entzogen würden, argumentiert ein Gemeindepolitiker aus dem Oberland.

«Geist nicht spürbar»
«Bern braucht Pioniere!» hielt dagegen Daniel Mauerhofer, Gemeindepräsident von Radelfingen-Detligen, fest, und der Berner Gemeinderat Kurt Wasserfallen wünscht sich eine «positive Grundhaltung». Nach Ansicht von Anita Luginbühl-Bachmann (Krattigen) fällt die Kandidatur «Berne 2010» in eine schwierige Zeit: Seit September werde in Zusammenhang mit Swissair, Expo.02 und der schlechten Finanzlage des Kantons immer wieder über riesige Geldsummen diskutiert. «Der olympische Geist ist im Moment einfach nicht spürbar» - trotz den in Salt Lake City gewonnen Medaillen und den Tränen der Rührung, welche die Nation vergossen habe.

Chancen und Risiken der Kandidatur.
Tourismusprofessor Hansruedi Müller ist ein prominenter Kritiker von «Berne 2010». Das Komitee operiere in seinem Dossier mit «zweckoptimistischen Kapazitätszahlen», wage einen «ökonomischen Hochrisikoakt» und hebe die Nachhaltigkeit eines solchen Festes hervor, obwohl Lillehammer 1994 gerade das Gegenteil beweise. Dort seien in der Zwischenzeit 40 Prozent der Betriebe in Konkurs gegangen. Müllers Fazit: Das «kleine» und finanzschwache Bern soll die Finger von einem gigantischen Anlass wie Olympia lassen, welcher riesige Investitionen erfordere und auch bei der Verwendung von provisorischen Anlagen und einem «grünen» Transportsystem negative Auswirkungen auf die Umwelt habe.

Martin Hodler, Präsident von «Berne 2010», denkt nicht daran, die Olympia-Vision bereits wieder fallen zu lassen. «Unsere Generation muss ihre Wohlstandslethargie ablegen und wieder einmal etwas Grosses auf die Beine stellen», erklärte er am Podiumsgespräch, welches von den beiden «Bund»-Redaktoren Stefan Bühler und Andreas Kopp geleitet wurde. Winterspiele seien eine gute Gelegenheit, der Jugend eine «neue Perspektive zu geben», folgerte Hodler. Der Jugend bringe es mehr, «wenn in die Bildung investiert wird», erwiderte Regula Rytz. Die grüne Grossrätin erklärte, sie sei «nicht grundsätzlich» gegen Grossanlässe, doch sie müssten ökologisch und finanziell verkraftbar sein. Beide Kriterien seien bei «Berne 2010» nicht erfüllt.

Berns Stadtpräsident Klaus Baumgartner, welcher in vorderster Reihe für «Berne 2010» kämpft, wies auf die Rolle des Fernsehens bei einer solchen Veranstaltung hin: «Bern hätte über 1000 Stunden internationale Fernsehpräsenz. Wenn das keine langfristige Wirkung auf den Tourismus hat!» Müller war da anderer Meinung: Die Imagewerbung werde «überschätzt». Calgary und Nagano seien zwei typische Beispiele, wie schnell Städte vergessen gingen. «Wer von ihnen war in Nagano?» fragte Müller. Im Burgerratssaal des Kultur-Casinos hob niemand die Hand.


Umfrage zur Olympiakandidatur «Berne 2010»

1. Befürworten Sie die Olympia-Kandidatur?

ja 42,8%; nein 57,2%

2. Soll sich der Kanton Bern finanziell an der Vorbereitung der Spiele beteiligen?

ja 29,5%; nein 70,5%

3. Würden Sie einem finanziellen Solidaritätsbeitrag Ihrer Gemeinde zustimmen?

ja 15,1%; nein 84,9%

4. Wird es Bern gelingen, die umweltfreundlichsten Spiele aller Zeiten zu organisieren?

ja 36,7%; nein 63,3%

5. Hat «Berne 2010» eine echte Chance, vom IOC den Zuschlag zu erhalten?

ja 38,6%; nein 61,4%

Quelle: "Der Bund"


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"Berne 2010"

Forschungsinstitut für Freizeit und Tourismus

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