Bümplizer Politikerin neu im Grossen Rat
Irène Marti Anliker
(Interview: "Der Bund")

Sie könne sich ein Leben ohne Politik nicht vorstellen, sagt die Bümplizerin. Und: "Welche Aufgabe hat der Staat?" - diese Diskussion wolle sie auch innerhalb der Partei führen. "Im Stadtrat als Sprecherin am Mikrofon stehen, das mache ich sehr gern" - das sei wohl bei allen so, "auch wenn manche das Gegenteil behaupten." Die Gelegenheit, sich im Rathaus zu äussern - und am nächsten Tag zu sehen, "ob ich in der Zeitung zitiert wurde" -, hatte Irène Marti Anliker schon oft: Seit 1990 gehört sie dem Stadtrat an, seit 1996 ist sie Chefin der 28-köpfigen SP-Fraktion.

Mitte der 80er-Jahre war sie Kopräsidentin der Juso Schweiz, zu einer Zeit, da sich in der Jungpartei die Romands und die Deutschschweizer wegen der Initiative zur Abschaffung der Armee in den Haaren lagen. Während die Romands die aussichtslos scheinende Initiative aus taktischen Gründen nicht unterstützen wollten, vertrat Marti "ganz klar" die Ja-Parole. Als Präsidentin habe sie aber gemerkt, dass in dieser Auseinandersetzung ihre Meinung nicht derart wichtig war, "viel wichtiger war es, die Partei zusammenzuhalten". Das ist gelungen. Marti "hat eine eigene Meinung, die sie klar vertritt", sagt SP-Parteisekretär Willi Zahnd, aber "sie kann sich sehr gut zurücknehmen". Und SP-Gemeinderätin Edith Olibet schätzt Marti als "sehr kommunikative Person", die "gut mit Meinungsverschiedenheiten umgehen" könne.

Pinochets Putsch in Chile
Zur Politik kam Marti indes nicht über die Frauenbewegung: 15-jährig war sie, als 1973 in Chile Augusto Pinochet mit einem Putsch den gewählten sozialistischen Präsidenten Salvador Allende stürzte - "da wurde ich politisiert". Allende sei "der Gute" gewesen, "der sich um die Armen kümmert", erinnert sie sich. Und als die Hoffnungen, die in Allende gesetzt wurden, von den Generälen und "mit der Unterstützung einer Grossmacht zerstört wurden", da habe sie erstmals an Demonstrationen teilgenommen. Grosses Interesse an Geschichte habe sie aber schon in ihrer Kindheit gehabt, erzählt Marti, die als Tochter eines Notars im Weissensteinquartier aufgewachsen ist. In der Familie sei oft über Politik geredet worden, und ihr "grosser Bruder", wie sie schmunzelnd sagt, sei ein 68er gewesen, der sie auch beeinflusst habe.

Begeisterte Bümplizerin
Sie wohnt mit ihren beiden Söhnen (6- und 13-jährig) und ihrem Mann, mit dem sie Erwerbs- und Familienarbeit teilt, in Bümpliz - und dort gefällt es ihr: "Bümpliz ist wie das", sagt sie und schnippt mit den Fingern. In Brünnen werde bald gebaut, das Tram West sei in Planung, das Bienzgut restauriert: "Bümpliz ist ein pulsierender Ort", sagt sie - und: "Es kann bald einmal ,in' sein, in Bümpliz zu wohnen." Vorerst aber ist Bümpliz für die SP ein Problemquartier - die einstige SP-Hochburg wählt meist rechts. Früher seien Arbeitnehmende "automatisch Mitglieder einer Gewerkschaft und der Partei" gewesen, das sei nicht mehr so, erklärt sie die Veränderung. Zudem "verfängt hier die Sündenbockpolitik", kommentiert Marti das Hoch der rechten Parteien in Bern West. Und wie will sie das ändern? "Die Leute müssen merken, dass wir der einzige Garant für eine soziale Politik sind, eine Politik gegen die Ausgrenzung von Schwächeren."

Debatte über Liberalisierung
Irène Marti Anliker will aber nicht nur Bümpliz zurückerobern: Es brauche auch in der Partei eine Debatte zur Frage, welche Aufgaben der Staat weiterhin übernehmen solle, "da haben wir in der SP sehr unterschiedliche Haltungen". Unter anderem befürchtet Marti (für die die Ausgliederung des Elektrizitätswerks EWB "an der Grenze" ist), "dass die Privatisierungswelle auch auf die Schule überschwappt - darauf müssen wir uns vorbereiten".

Als Beispiel für die Folgen der Liberalisierung nennt sie die Ausgliederung der SVB: Nun würden die Leute wegen der roten Trams über den Gemeinderat schimpfen, nach der Ausgliederung der SVB "hatte die Stadt da aber gar nichts mehr zu sagen". Unbestritten ist für Marti auch, dass sie die grüne Verkehrspolitik der SP weiterverfolgen will: "Luft und Lärm geben uns Recht: Der Verkehr muss reduziert werden.

Mit der Gesundheit beschäftigt sich Marti nicht nur, wenns in der Politik um Luftreinhaltung geht: Sie arbeitet teilzeitlich an der Lindenhofschule als Lehrerin für Krankenpflege. Sie unterrichtet dort vor allem das Thema "Altern, gerontologische Themen", wie sie erklärt: Nachdem sie vor 20 Jahren die Ausbildung zur Krankenschwester abgeschlossen hatte, arbeitete sie an der Insel und im Zieglerspital in der Geriatrie. Auch wenn sie nicht mehr direkt bei den Patienten arbeitet, "das Interesse an alten Menschen ist geblieben".

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w. nuss vo bümpliz

d w.nuss vo bümpliz geit dür d schtrass
liecht & flüchtig
wie nes gas
so unerreichbar höch
bockschtössigi himbeerbuebe
schüüch & brav wie schaf
schön fönfrisiert
chöme tubetänzig nöch
& d schpargle wachse i bluetjung morge
d sunne chunnt
s wird langsam warm

sie het meh als hundert ching
& jede früehlig git’s es nöis
het d chiuchefänschterouge off
& macht se zue bi jedem kuss
& we sie lachet wärde bärge zu schtoub
& jedes zäie läderhärz wird weich

d w.nuss vo bümpliz
isch schön wie nes füür i dr nacht
wie ne rose im schnee
we se gseh duss in bümpliz
de schlat mir mys härz hert i haus
& I gseh win I ungergah
sie wohnt im ne huus us glas
hinger türe ohni schloss
gseht dür jedi muur
dänkt wi nes füürwärch
wi ne zuckerschtock
läbt wi ne wasserfau
für sie git’s nüt wo’s nid git
& aus wo’s git git’s nid für ging
sie nimmt’s wie’s chunnt
& lat’s la gah

d w.nuss vo bümpliz
isch schön wie nes füür i dr nacht
wie ne rose im schnee
we se gseh duss in bümpliz
de schlat mir mys härz hert i haus
& I gseh win I ungergah

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